Frage: Lieber Herr Maarten S. Sneijder …
Sneijder: Was soll das heißen? Lieber? Sind wir schon so vertraut, dass Sie mich lieber Maarten S. Sneijder nennen?
Frage: Also nein, ich meine, vielen Dank, dass Sie mir ermöglichen, Ihnen ein paar Fragen zu stellen.
Sneijder: Ein paar Fragen? Es war konkret von drei Fragen die Rede (hebt die Hand und hält drei Finger hoch). Und die bitte so kurz und präzise wie möglich. Sie wissen, ich muss danach in eine Sitzung zu BKA-Präsident Dirk van Nistelrooy, und da muss ich Sie dann aus dem Büro werfen. Wo haben Sie übrigens Ihren Besucherausweis?
Frage: In der Tasche.
Sneijder: In der Tasche? Was soll er dort? Glauben Sie, das Sicherheitspersonal hat Röntgenaugen? Also anstecken!
Frage: Ja, natürlich … aber dann ist ein Loch in der Bluse.
Sneijder: Herrgott nochmal, geben Sie schon her (steckt das Besucherschild an die Bluse)!
Frage: Aua!
Sneijder: Verdomme, reißen Sie sich zusammen, sonst kommt noch das Sicherheitspersonal in mein Büro gestürmt, wenn man Sie im ganzen Stockwerk schreien hört.
Frage: Natürlich, entschuldigen Sie bitte. Können wir beginnen?
Sneijder: Ich warte!
Frage: Gut, da ich weiß, wie sehr Sie lange Umschweife hassen und ich Ihre Zeit nicht länger als nötig beanspruchen möchte, legen wir am besten direkt los.
Sneijder: Was für eine brillante Idee!
Frage: Sie sind ein ziemlicher Einzelgänger und mögen keine größeren Menschenansammlungen. Sie mögen auch keinen Smalltalk. Wie verbringen Sie diese Weihnachten?
Sneijder: Mit der Mörderjagd.
Frage: Äh, könnten Sie das bitte konkretisieren?
Sneijder: Zurzeit gibt es eine schreckliche Mordserie, die sich wie eine Blutspur durchs Land zieht. Ich und meine Kollegen sind dran, vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Für uns gibt es keine Pause, und Weihnachten auch nicht – solange, bis wir den Mörder gefasst haben. Der macht schließlich auch keine Pause zu Weihnachten und legt sich auf die faule Haut.
Frage: Was bedeutet Ihnen dieses Fest grundsätzlich? Gibt es irgendwelche Traditionen aus Ihrer Kindheit, die Sie auch heute noch pflegen?
Sneijder: Ich stamme aus den Niederlanden, aus Rotterdam. Mein Vater war Buchhändler. Weihnachten feiert man in den Niederlanden nicht so ausgiebig wie in Deutschland. Wir hatten einen kleinen Baum in unserer Buchhandlung. Ich erinnere mit an den guten Duft, und an die selbstgebackenen Kekse meiner Mutter. Und die Geschenke – in den Niederlanden heißen sie Cadeautjes – gab es nicht am 24., sondern immer bereits am Nikolaustag.
Frage: Ich habe gelesen, dass Sie eine Schwäche für Vanilletee und Joints haben. Erweitern Sie das in der Vorweihnachtszeit kreativ? Vielleicht durch andere Teesorten in Kombination mit Haschkeksen oder anderen berauschenden Backwaren oder Naschereien?
Sneijder: Eigentlich nicht, aber verdomme! Das ist eine gute Idee. Von Freunden aus Amsterdam bekomme ich im Sommer immer eine Dose Cookies mit der Post – nach einem Spezialrezept. Die hält dann bis zum Herbst an. Im Nachhinein kann ich mich kaum an diese Zeit erinnern. Ich muss diese Tradition mal in die Weihnachtszeit verlegen.
Frage: Wenn Sie einen Wunschzettel an den Weihnachtsmann schicken würden, was würden Sie sich wünschen?
Sneijder: Dass Sabine Nemez nicht immer so stur ist und öfters auf mich hören würde, dass BKA-Präsident Dirk van Nistelrooy hin und wieder ein Auge zudrückt, wenn Vanille- und Marihuanaduft aus meinem Büro dringt, dass Krzysztof bald einen ordentlichen Job findet, dass die Buchhandelskette Haital endlich in Konkurs geht, dass mein Basset Vincent aufhört, meine Schuhe anzusabbern, dass mein Schweizer Kollege aus Bern, der Profiler a. D. Rudolf Horowitz, wieder gehen könnte. Schließlich bin ich nicht unbeteiligt daran, dass er im Rollstuhl sitzt. Ja, das war soeben ein Anfall von Selbstlosigkeit, der mich selbst überrascht hat. Diese Antwort veröffentlichen Sie aber eh nicht, oder?
Frage: Nein, natürlich nicht. Das Jahr neigt sich dem Ende - Zeit für gute Vorsätze. Welche haben Sie sich vorgenommen?
Sneijder: Ich habe das ganze Jahr über gute Vorsätze, an die ich mich auch halte. Nämlich keinen Smalltalk zu führen, Facebook großzügig zu ignorieren und mein Telefon nicht zu beantworten, vor allem wenn Andreas Gruber aus Wien wieder mal anruft, weil er eine Frage hat. Warum sollte ich das zu Weihnachten ändern? Ach ja, eine Sache vielleicht noch: Ich werde kein Kaufhaus betreten, in dem Weihnachtsmusik trällert. Davon bekomme ich Cluster-Kopfschmerzen, da nutzen nicht einmal meine Akupunkturnadeln etwas.
Frage: Haben Sie noch letzte Worte an unsere Leserinnen?
Sneijder: Ja, fijne kerstdagen allemaal!
Interview: Martina Suhr.