Interview mit Andreas Gruber zu seinem neuen Thriller „Herzfluch“

Seit dem Erscheinen deines Krimis „Herzgrab“ vor dreizehn Jahren warten die Leserinnen und Leser auf ein Wiedersehen mit dem Ermittler-Ehepaar Elena und Peter Gerink. Im November erscheint mit „Herzfluch“ der zweite Fall. Was hat dich dazu bewogen, gerade jetzt die Fortsetzung von „Herzgrab“ zu schreiben, und was macht diese Rückkehr für dich so besonders?

Nicht zu vergessen, Peter Gerinks sizilianischen Kollegen Dino Scatozza, der das Ermittler-Trio komplett macht. Ich wollte immer schon eine Fortsetzung von den dreien schreiben, schon allein deswegen, weil ich Peter und Dino erneut in der Honeymoon-Suite eines schäbigen Hotels unterbringen wollte, weil alle anderen Hotels im Ausland, wo sie ermitteln, ausgebucht sind. Allerdings hat es deshalb so lange gedauert, weil ich zuvor die dreiteilige Peter Hogart-Reihe und die vierteilige Rache-Reihe zu einem Ende bringen wollte. Und jetzt, bevor ich mit den Arbeiten am neunten und letzten Sneijder-Band beginnen wollte, war für mich ein guter Zeitpunkt, um Elena, Peter und Dino erneut ins Rennen zu schicken.

In „Herzfluch“ begibt sich deine Protagonistin, die Wiener Privatdetektivin Elena Gerink, auf die Suche eines zu Unrecht freigesprochenen Mörders, der sich vor fünfzehn Jahren ins Ausland abgesetzt hat. Was hat dich dazu inspiriert, diese komplexe Handlung zu entwickeln?

Wobei das ja nur ein Handlungsstrang ist, eben jener von Elena. Da gibt es noch einen zweiten Handlungsstrang mit Peter und Dino – und wie bei meinen Thrillern üblich, treffen die Fäden nach einer Weile aufeinander und ergeben eine noch viel größere Story. Letztendlich gab es aber zwei konkrete Gründe, warum ich „Herzfluch“ entwickelt habe: Ich wollte eine Story schreiben, die in Griechenland spielt. Und ich hatte da diese nette Idee von einer Pool-Party in der High Society, bei der plötzlich alle röchelnd krepieren, und keiner weiß warum. Beides führte dann zu „Herzfluch“ – und ich fand, dass es das perfekte Setting für Elena und Peter Gerink ist.

Die Handlung führt die Ermittler also nach Griechenland und beleuchtet die düstere Vergangenheit einer Privatinsel. Wie wichtig ist dir das Setting für die Entwicklung der Geschichte?

Für mich persönlich ist die Hauptlocation, in der ein Roman spielt – wie beispielsweise Prag in „Die schwarze Dame“, Paris in „Die Knochennadel“ oder die Toskana in „Herzgrab“ – immer wie ein zusätzlicher Protagonist. In „Herzfluch“ sind es Athen, die griechischen Inseln Náxos und Mýkonos von den Kykladen und die Insel Drakýos (die ich erfinden musste), auf denen sich fast die komplette Handlung abspielt. Für mich macht den besonderen Reiz aus, dass Ermittler für einen Fall ins Ausland reisen müssen, wo sie als Beobachter höchstens Beraterstatus haben, keinerlei Vollmachten besitzen, die örtlichen Bräuche und Gegebenheiten nicht kennen und sie es nicht nur mit dem Killer, sondern auch mit den hiesigen korrupten Behörden zu tun haben, die ihnen massenhaft Knüppel zwischen die Beine werfen. Daraus lassen sich emotionale und spannende Handlungsfäden entwickeln.

Welche Recherchen hast du angestellt, um die Atmosphäre und die Gegebenheiten vor Ort authentisch darzustellen?

Griechenland habe ich als Schauplatz vor allem deshalb gewählt, weil die schöne Urlaubsatmosphäre einen tollen Kontrast zu den morbiden Morden und dem tödlichen Flair im Roman bietet. Athen kannte ich von einer beruflichen Reise, als ich noch Controller eines Wiener Pharmakonzerns war, und außerdem hatten meine Frau und ich auf Santorin und den anderen Inseln der Kykladen unsere Hochzeitsreise gemacht. Schon damals wusste ich, dass ich hier einmal grausam morden würde.

Elena und ihr Mann Peter Gerink, Entführungsspezialist des österreichischen BKA, sind bereits aus „Herzgrab“ bekannt. Wie haben sich die Charaktere über die Jahre entwickelt, und was können die Leserinnen und Leser in diesem neuen Fall über sie erfahren?

Zwischen den Handlungen in „Herzgrab“ und „Herzfluch“ sind genau zehn Jahre vergangen. Peter und Dino sind immer noch Kollegen, die dank Dinos direkter Art nur wenig Freunde finden, und Peter und Elena haben die Krise ihrer Ehe mittlerweile überwunden und sind stärker zusammengewachsen, was sie auch mussten, weil sie diesen neuen Fall nur gemeinsam lösen sollen. Inzwischen ist Elena eine gut etablierte Privatdetektivin, die noch erfahrener und taffer geworden ist, und die – genauso wie ihr Mann – alles tun würde, um einen komplexen und gefährlichen Fall zu lösen.

Du schaffst es, verschiedene Handlungsstränge miteinander zu verknüpfen. Wie gehst du beim Schreiben mit der Herausforderung um, die Spannung aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die unterschiedlichen Erzählfäden zu verweben?

Ich habe mir seit meinem ersten Roman, den ich 2003 zu schreiben begonnen habe, stets angewöhnt, ein ausführliches Exposé zu entwickeln. Die meisten Autorenkollegen kommen mit einem 3 oder 5 oder höchstens 10-seitigen Exposé aus. Meine Exposés sind knapp 100 Seiten lang. Bevor ich also den ersten Satz im Manuskript tippe, habe ich im Exposé schon alle Handlungsstränge durchgedacht, in einzelne Kapitel unterteilt, Zeitrahmen und Schauplätze ausgetüftelt, eine Timeline über die Handlung gezogen und die Kapitel der Handlungsstränge mit allen Rückblenden so miteinander verwoben, dass dabei die maximale Spannung entsteht. Alles muss vorher aufeinander abgestimmt sein und das Timing der vielen Übergängen muss stimmen, damit am Ende keine losen Fäden, Logiklöcher oder offene Fragen übrig bleiben. Ich hasse es, wenn ich z.B. einen Film schaue und am Ende den Eindruck habe, dass der Regisseur das Skript gegen Schluss irgendwie hingebogen hat. Dieses Gefühl möchte ich meinen Leserinnen und Lesern ersparen und sie stattdessen bis zur letzten Seite gut unterhalten.

Du hast dir vor allem einen Namen mit deiner fesselnden Krimi-Reihe um den niederländischen Profiler Maarten S. Sneijder gemacht. Bislang sind bereits acht Bände erschienen. Warum möchtest du diese Reihe mit einem neunten Band abschließen?

Die Verkaufszahlen der Sneijder-Reihe sind hervorragend, ich liebe die Figuren und das Schreiben macht immer noch großen Spaß, allerdings ist diese Reihe von mir von Anfang an auf insgesamt neun Teile konzipiert worden, und daraus habe ich nie ein Geheimnis gemacht. Es sind nämlich drei lose Trilogien: die Dietrich Hess Ära (Band 1-3), die Dirk van Nistelrooy Ära (Band 4-6) und die Friedrich Drohmeier Ära (Band 7-9). Das sind die drei BKA-Präsidenten, die Sneijder im Lauf der Zeit hatte.

Ich möchte nicht den Fehler machen, dass die Leserinnen und Leser nach Sneijder Band 17
sagen, „naja, früher waren die Bücher besser, jetzt fällt ihm nichts mehr ein, und er wiederholt sich ständig“. Stattdessen möchte ich – wenn es am schönsten ist – die Reihe mit einem epischen Finale enden lassen, um bei meinen Leserinnen und Lesern gut in Erinnerung zu bleiben.

Die Arbeiten an dem mit Spannung erwarteten neunten Band stehen bereits in den Startlöchern. Kannst du uns dazu schon etwas verraten?

Hm … was kann ich dir jetzt schon darüber verraten, ohne dass ich dich danach töten müsste? Ich arbeite bereits seit Sommer 2025 daran, und das Buch wird voraussichtlich im Frühjahr 2027 erscheinen. Das dauert deshalb länger als üblich, weil Band 9 definitiv der letzte Teil der Reihe ist und deshalb auch mindestens 800 Seiten haben wird, statt den üblichen 600. Es wird also ein großes episches Finale geben, in das ich nochmal alles reinpacke, was die Sneijder-Reihe ausmacht.

Spoiler-Alarm: in Teil 9 wird das Geheimnis um Arne Roth und Piet van Loon gelüftet, auch Tina Martinelli darf wieder mit ermitteln, und sowohl Walter Pulaski und Evelyn Meyers aus der RACHE-Reihe als auch Peter Hogart aus der HOGART-Reihe haben einen Gastauftritt. Großes Familientreffen könnte man also sagen – die Antwort des Thriller-Genres auf die Waltons.

Was sind die besonderen Herausforderungen und Freuden, die das Schreiben einer mehrbändigen Reihe mit sich bringt?

Die Freuden und Vorteile sind ganz klar, dass man mit etablierten Figuren arbeiten kann, ohne das Rad komplett neu erfinden zu müssen. Die Nachteile sind jedoch, dass man eben genau deshalb an diese Figuren gebunden ist und nicht alles neu erfinden kann. Aus diesem Grund erfinde ich ja immer einen zweiten Handlungsstrang, wo ich freier agieren kann und z.B. eine Psychotherapeutin wie in „Todesfrist“ einführe, eine Staatsanwältin („Todesurteil“), eine JVA-Beamtin („Todesmärchen“), einen Ex-Häftling („Todesreigen“), eine Gebirgsjägerin („Todesmal“), einen norwegischen Verbrecherkönig („Todesschmerz“) oder eine Securityberaterin („Todesspur“).

Damit kombiniere ich die Vorteile von Stand-Alone-Romanen mit denen von Serien-Bänden.

Sebastian Fitzek hat über deinen Schreibstil gesagt: „Andreas Grubers Stil ist rasant, komplex und sorgt immer wieder für überraschende Wendungen.“ Was würdest du dem hinzufügen?

Dieses wunderschöne Zitat, das mir Sebastian dankenswerterweise geschenkt hat, stammt aus dem Jahr 2013, als Maarten S. Sneijders erster Fall „Todesfrist“ als Taschenbuch im Goldmann Verlag erschienen ist. Seitdem habe ich 13 weitere Thriller für Goldmann geschrieben und habe dabei stets versucht, diesem Zitat treu zu bleiben und probiert, nichts anderes zu scheiben als rasante und spannende Thriller.

Das Interview führte Barbara Henning.
Der Thriller „Herzfluch” von Andreas Gruber erscheint im November 2025 im Goldmann Verlag.
© Goldmann Verlag